Normalerweise würde es wohl einen Polizeieinsatz auslösen, wenn nach Eintreten der Dunkelheit aus den Fenstern eines abgelegenen und scheinbar verlassenen Gebäudes die umherirrenden Lichtkegel von Taschenlampen sichtbar sind. Es läge jedenfalls der dringende Verdacht eines Einbruchs vor. Aber statt der Polizei strömen immer mehr Menschen auf das besagte Gebäude zu. Und am etwa 200m entfernten Parkplatz stehen sogar Ordner in leuchtendgelben Warnwesten bereit, welche den noch immer heranrollenden neuen Fahrzeugen Parkplätze zuweisen.
Aber der Reihe nach: Bei dem Gebäude, von dem hier die Rede ist, handelt es sich um den Atlanterhavsparken in Ålesund, eines der größten Salzwasseraquarien Nordeuropas. Errichtet 1998 auf der Landzunge Tueneset, etwa 4 Kilometer westlich des Ålesunder Stadtzentrums ist die knapp 15.000qm umfassende Anlage avancierte der Atlanterhavsparken zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Ålesunds. Fast 150.000 Besucher zählt man hier mittlerweile jährlich. Die Lage der Anlage so direkt am Meer ist schon für sich gesehen ein Highlight. Beim Bau des Hauptgebäude wurde genau genommen nur die bestehende Landschaft überdacht.
Die Küstenlandschaft im Inneren des Atlanterhavsparken ist also der ursprügliche Fels. In diesem Innenbereich befinden sich neben vielen kleinen Aquarien auch zwei offene Schaubecken, eine Art «Streichelzoo», 13 Landschaftsaquarien und als wichtigste Attraktion ein 4 Millionen Liter Seewasser umfassendes Tiefseebecken, in das einmal täglich ein Taucher einsteigt, um die Fische aus der Hand zu füttern. Dorsche, Heilbutt (der größte wiegt fast 90kg), Lachse, Wolfsfische oder auch Schwarmfische wie der Hering können unter anderem hier bewundert werden. Aber auch Königskrabben, Hummer oder Seesterne sind zu finden. Und im Außenbereich befindet sich Europas größtes Seehundbecken sowie unmittelbar daneben Otter- und Pinguingehege. Das Tiefseebecken wird übrigens ständig mit frischem Meerwasser aus der angrenzenden Bucht versorgt.
Die üblichen Öffnungszeiten des Atlanterhavsparken (von 10.00/11.00 – 16.00 Uhr) aber werden einmal im Jahr um eine Nachtbesuchszeit erweitert. Dann werden die Türen nach Einbruch der Dunkelheit ein weiteres Mal für vier Stunden geöffnet. Die Beleuchtung bleibt weitestgehend ausgeschaltet, so dass man sich zwangsläufig mit Taschen- oder Stirnlampe bewaffnen muß, um sich in den Gängen überhaupt orientieren zu können. Und während sich die Fische im großen Tiefseebecken vornehm zurückhielten und allenfalls als Schatten erkennbar waren, zeigten sich vor allem die Tiere in den kleineren Aquarien zu später Stunde deutlich aktiver als gewöhnlich.
Die Königskrabben beispielsweise bewegten sich zielsicher auf die Lichtkegel der Taschen- und Stirnlampen zu. Das machten die normalerweise bewegungsunwilligen Hummer zwar nicht, jedoch ließen sie sich in ihrem Bewegungsdrang nicht stören, wenn sie auf dem Kiesboden des großen Landschaftsbecken unterwegs waren.
Ganz besonders neugierig zeigte sich aber die aus dem Augsburger Zoo stammende Seehundedame «Nele». Denn während die Seehunde an normalen Tagen in dem riesigen, etwa 6.000qm großen Becken mitunter schwierig zu sehen sind und auch lediglich sekundenweise an den drei Fenstern des Observatoriums vorbeihuschen, spielte Nele diesmal eine gefühlte Ewigkeit mit dem Lichtkegel unserer Taschenlampe. Und auch, wenn sie immer mal wieder verschwand, so tauchte sie doch kurz darauf wieder auf, um ihr Spiel mit dem Licht fortzusetzen. Da war es dann am Ende nicht ganz leicht, meine Tochter zur Heimfahrt zu bewegen. Als der Hunger aber doch zu groß wurde, löste sich das Problem dann aber von selbst. So grillten wir dann noch eine zeitlang Stockbrote, die zur Feier des Tages von den Angestellten des Atlanterhavsparkens verteilt wurden, bevor wir uns auf den Heimweg machten. Zu erzählen gab es jedenfalls genug.
Information:
Adresse: Atlanterhavsparken, Tueneset, 6006 Ålesund
Tel. +47 – 70 10 70 60
E-Mail: mail@atlanterhavsparken.no
Internet: www.atlanterhavsparken.no oder Facebook
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